nach Berdychiv
Ein Sonntagsausflug nach Berdychiv, das schien uns genau das Richtige am fast ersten Frühlingstag. Immerhin etwas Sonne hin und wieder, und steigende Grade, vier, fünf, wow! Richtung Zhytomir von Kiew aus, zum Glück haben wir´s geschafft um zehn loszukommen. Dann abbiegen nach Süden, und nur noch 50 Kilometer. Vor vier Jahren war ich schon mal da, das war aber Mai, warm und Sonne, jetzt im Schneegrau kaum wiederzuerkennen. Unser Besuch aus Deutschland: Puh, ist das immer so grau hier??
Unsere Wahl fiel auf Berdychiv, weil das einigermaßen bekannt ist wegen seiner jüdischen Tradition, der jüdische Friedhof und das jüdisch geprägte Stadtbild. Das mit dem Stadtbild haben wir aber nicht ganz nachvollziehen können.
Am meisten hat uns dann der jüdische Friedhof beeindruckt, mit Grabsteinen, die wie Stiefel aussahen und so auch lagen , immer paarweise, für Mann und Frau. Herr und Frau Krischtall, Herr und Frau Goldstein. Die Stiefel lagen, die Spitze ragte immer nach oben. Von der Stadt wenig gepflegt, sicherlich war der Friedhof früher größer, man kann es noch ahnen.
In Berdychiv gibt es Ukrainer, Russen, Polen und Juden. Die Polen sind für die beiden katholischen Kirchen zuständig, die Barbarakirche, und das Monasterium, das mit der berühmten Ikone von der Mutter Gottes von Berdychiv. Es war gerade Gottesdienstzeit zu Ende, beide Kirchen werden also besucht, aus beiden strömten Gläubige. In der Barbarakirche warteten wir im Vorraum, vorne der Priester, den ich noch von vor einiger Zeit aus Kiew kannte, er predigt jetzt hier, verteilt die Hostie, dann halten Katrin, ich und Martin, unser Besuch, plötzlich gleichzeitig inne, auch Amalie, einer fehlt! Fast stockt das Herz, Lübbe ist uns noch nie verloren gegangen, irgendwie hat er sich durch die Tür gestohlen, wir stürzen raus - Glück gehabt, er kehrt den Pfarrhof mit dem Besen. Kopfschüttelnde Blicke älterer Passantinnen, die kennen wir schon, diesmal starkes Kopfschütteln.
Dass das Kloster sich so wenig verändert hat, hätte ich nicht gedacht, noch immer ist die Hauptkirche im Zustand der Renovierung, wie es heißt. Dafür aber die Mutter Gottes wunderschön. Eine Museumsmitarbeiterin zeigt uns nicht nur das Museum, sondern erklärt den ganzen Komplex.

Bekannt und klug war der Rabbi von Berdychiv. Das sieht man an der folgenden Geschichte:
Der Rabbi sieht einen über die Straße eilen, ohne nach rechts oder links zu schauen. „Warum rennst du so?“, fragt er ihn. „Ich gehe meinem Erwerb nach“, antwortet der Mann. „Und woher weißt du, dass dein Erwerb vor dir herläuft, so dass du ihm nachjagen musst? Vielleicht ist er dir im Rücken, und du brauchst nur innezuhalten, um ihm zu begegnen. So aber fliehst du vor ihm."

Allen eine schöne Woche!

jüdischer Friedhof

das Kloster

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